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Bedeutende Fortschritte in der Herzinsuffizienz-Forschung: Göttinger Sonderforschungsbereich 1002 endet mit internationalem Symposium

Nach zwölf Jahren endet am 30. Juni 2024 die Förderung des im Herzzentrum der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) angesiedelten Sonderforschungsbereichs (SFB) 1002 „Modulatorische Einheiten bei Herzinsuffizienz“. Neue Diagnose- und Therapieansätze zur Behandlung der Herzinsuffizienz wurden entwickelt und neue Erkenntnisse zur Entstehung der Erkrankung gewonnen. Zum Abschluss des SFB 1002 fand im Mai ein hochkarätig besetztes Symposium mit internationalen Redner*innen in Göttingen statt.

Presseinformation zum Thema "Bedeutende Fortschritte in der Herzinsuffizienz: Göttinger Sonderforschungsbereich 1002 endet mit internationalem Symposium"
Prof. Dr. Gerd Hasenfuß, Direktor der Klinik für Kardiologie und Pneumologie und Vorsitzender des Herzzentrums der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) sowie Sprecher des Sonderforschungsbereichs (SFB) 1002, bei der Eröffnung des SFB1002-Symposiums. Fotos: umg/hzg, Samer Al Mhethawi
Presseinformation zum Thema "Bedeutende Fortschritte in der Herzinsuffizienz: Göttinger Sonderforschungsbereich 1002 endet mit internationalem Symposium"
Teilnehmer*innen des SFB1002-Symposiums im Mai 2024. Foto: umg/hzg, Samer Al Mhethawi

Nach zwölf Jahren endet am 30. Juni 2024 die letzte Förderperiode des Göttinger Sonderforschungsbereichs (SFB) 1002 „Modulatorische Einheiten bei Herzinsuffizienz“ durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG). In den vergangenen drei Förderperioden des SFB 1002 unter der Sprecherschaft von Prof. Dr. Gerd Hasenfuß, Direktor der Klinik für Kardiologie und Pneumologie, Vorsitzender des Herzzentrums der Universitätsmedizin Göttingen (UMG), konnten die Forscher*innen neue Diagnose- und Behandlungsverfahren für die Herzschwäche, auch  Herzinsuffizienz genannt, entwickeln, die aktuell in klinischen Studien überprüft werden.

Zum Abschluss der DFG-Förderung fand am 15. und 16. Mai 2024 in der Alten Mensa der Universität Göttingen das internationale Symposium „Innovations in Heart Failure“ statt. Das Symposium brachte führende Wissenschaftler*innen aus aller Welt zusammen, die in 19 Vorträgen und zahlreichen Projektpräsentationen die neuesten Forschungsergebnisse und Innovationen im Bereich der Herzinsuffizienz vorstellten. Diese Veranstaltung markierte den erfolgreichen Abschluss des Sonderforschungsbereichs. „Die Förderung durch die DFG hat es uns ermöglicht, bedeutende Fortschritte in der Herzinsuffizienz zu erzielen. Wir freuen uns über die internationale Anerkennung, die uns während der gesamten Laufzeit und auch beim jetzigen Symposium zuteilwurde“, sagt Prof. Dr. Gerd Hasenfuß.

Der SFB 1002 wurde mit dem Ziel ins Leben gerufen, die komplexen Mechanismen der Herzschwäche besser zu verstehen und innovative Therapieansätze zu entwickeln. Im Rahmen von Patient*innenuntersuchungen und in Modellversuchen wurden mit hochauflösenden Bildgebungsverfahren sowie biochemischen und molekularbiologischen Methoden Signalwege untersucht. Diese Signalwege stellen die Kommunikation zwischen den unterschiedlichen Zellen im Herzen sowie kleinster Funktionseinheiten in Herzzellen, sogenannte funktionelle Mikrodomänen, her und spielen dadurch bei der Entstehung der Herzschwäche eine Rolle.

„Der SFB 1002 hat sich durch seine interdisziplinäre Herangehensweise und die enge Zusammenarbeit von Kliniker*innen, Grundlagenwissenschaftler*innen und internationalen Partner*innen ausgezeichnet. Die nachhaltige Wirkung der Forschungsarbeiten wird auch nach dem offiziellen Ende der DFG-Förderung weiter spürbar sein, da zahlreiche Projekte und Initiativen fortgeführt werden“, ist sich Prof. Dr. Gerd Hasenfuß sicher.

Förderperioden der DFG
Seit seiner Gründung 2012 erhielt der SFB 1002 unter der Leitung von Prof. Dr. Gerd Hasenfuß in drei Förderphasen rund 34 Millionen Euro zur Erforschung und Verbesserung der Behandlung von Herzinsuffizienz. In der ersten Förderperiode von 2012 bis 2016 stellte die DFG zehn Millionen Euro zur Verfügung, um die initiale Forschungsarbeit zu unterstützen. In dieser Phase lag der Schwerpunkt auf der Erforschung von Signalwegen und funktionellen Mikrodomänen in Herzzellen. Die zweite Förderperiode von 2016 bis 2020 verlängerte die Förderung um 11,8 Millionen Euro, die zur Erforschung und Entwicklung neuer Diagnose- und Therapieansätze für Herzinsuffizienz eingesetzt wurden. In der dritten und letzten Förderperiode von 2020 bis 2024 unterstützte die DFG den Sonderforschungsbereich mit weiteren zwölf Millionen Euro dabei, die gewonnenen Erkenntnisse in die klinische Praxis zu überführen und neue therapeutische Strategien zu erproben.

Wissenschaftler*innen aus den verschiedenen Bereichen der Herz-Kreislaufforschung, Kliniker*innen, Expert*innen aus der Pharmakologie, Biochemie, Biophysik, Informatik und aus der Physik arbeiteten am Forschungsstandort Göttingen in insgesamt 31 Einzelprojekten zusammen. Beteiligt waren Forscher*innen aus zehn Kliniken und Instituten der UMG, aus der Abteilung Biomedizinische Physik am Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation und aus der Abteilung NanoBiophotonik am Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften.

Projekte und Erfolge
„Im Laufe der Jahre wurden insgesamt 31 Projekte erfolgreich abgeschlossen. Diese Arbeiten führten zu 513 Publikationen in renommierten internationalen Fachzeitschriften und haben das Verständnis der Herzinsuffizienz auf vielfältige Weise bereichert“, sagt Prof. Dr. Gerd Hasenfuß. Insbesondere die BioVAT-HF-Studie, die Reduce-MFA-Studie sowie die Studie „Elektro-mechanische Bildgebung und Arrhythmie-Kontrolle“ erregten Aufmerksamkeit: In der wegweisenden BioVAT-HF-Studie wird weltweit erstmals aus Stammzellen entwickeltes Herzgewebe auf den Herzmuskel von Patient*innen mit schwerer Herzschwäche aufgebracht und untersucht. Stammzellen sind Zellen, die sich auf besondere Art teilen und so Kopien von sich selbst sowie von anderen Zellen herstellen können. Zwölf Patient*innen konnten bereits erfolgreich mit dem „Herzpflaster“ behandelt werden. Die Reduce-MFA-Studie untersucht die Effekte einer neuen Medikamentenkombination zur Hemmung der Gewebsveränderung nach dem Ersatz der Aortenklappe bei Patient*innen mit hohem Bindegewebsanteil im Herzmuskel. Die Studie basiert auf den bereits im SFB 1002 erzielten Erkenntnissen, dass diese Patient*innen nach dem Klappenersatz eine bis zu zehnfach höhere Sterblichkeit aufweisen als Patient*innen mit einem normalen Bindegewebsgehalt des Herzens. Die neuen Therapieansätze könnten die Überlebensrate erheblich verbessern. Die Studie „Elektromechanische Bildgebung und Arrhythmie-Kontrolle“ befasst sich mit der Entwicklung und Erprobung einer Ultraschall-basierten Methode zur Untersuchung der elektrischen Erregungsausbreitung im Herzen. Ziel ist es, Herzrhythmusstörungen präziser zu behandeln und damit die therapeutischen Möglichkeiten für Patient*innen mit Herzinsuffizienz zu erweitern.

Ausgründungen und Innovationen
Im Zuge der Forschungsarbeiten im SFB 1002 wurden mehrere Start-up-Unternehmen gegründet, die die gewonnenen Erkenntnisse weiterentwickeln und vermarkten. Dazu gehört unter anderem die im Jahr 2012 gegründete Firma myriamed (Gründer: Prof. Dr. Wolfram-Hubertus Zimmermann, Direktor des Instituts für Pharmakologie und Toxikologie der UMG). Das Ziel von myriamed ist die Entwicklung neuartiger Medikamente und deren Übertragung in die klinische Anwendung. Dazu werden mithilfe von menschlichen Stammzellmodellen Krankheiten in der Kulturschale simuliert, sodass Wirkung und Nebenwirkung von Medikamenten zum frühestmöglichen Zeitpunkt definiert werden können. Im Jahr 2014 wurde zudem die Firma Repairon (Gründer: Prof. Dr. Wolfram-Huberts Zimmermann), eine Ausgründung zur Herzpflaster-Produktion, gegründet. Das Ziel dieser Firma ist es, Gewebe aus Stammzellen herzustellen, um damit Organe „zu reparieren“. Patient*innen sollen dadurch standardisierte und individuelle Lösungen angeboten werden, die über die aktuellen Behandlungsoptionen hinausgehen. Im Jahr 2023 wurde zudem die Avocet Bio GmbH (Gründerin: Prof. Dr. Elisabeth Zeisberg, Oberärztin in der Klinik für Kardiologie und Pneumologie der UMG) gegründet, um Menschen weltweit vor aktuellen und zukünftigen viralen Bedrohungen zu schützen. Mit Hilfe einer gezielten Veränderung des viralen Erbguts soll die Vermehrung des Virus verhindert und seine krankmachende Wirkung reduziert werden. Diese Ausgründungen tragen dazu bei, die Forschungsergebnisse in die Praxis zu überführen und innovative Therapien für Patient*innen zugänglich zu machen.

Bildungsinitiativen
Der SFB 1002 hat auch maßgeblich zur Ausbildung der nächsten Generation von Herzforscher*innen und Kliniker*innen beigetragen: Im Rahmen des SFB wurden das Internationale Graduiertenkolleg (IRTG) 1816, in Kooperation mit dem King’s College London, sowie der kardiovaskuläre Masterstudiengang ins Leben gerufen.

Weitere Informationen: https://herzzentrum.umg.eu/forschung/forschungsverbuende/sfb-1002/


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Klinik für Kardiologie und Pneumologie
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